03.02.2024

Wenn bei Schmerz kein "Aua!" kommt...

Ein ganz besonderer Erste-Hilfe-Kurs

Wir Freunde für´s Leben sind es gewohnt, dass bei uns immer alles etwas anders ist als bei anderen Familien – 08/15 können wir eben einfach nicht 🙂 Das geht sogar so weit, dass bei einem Standard-Erste-Hilfe-Kurs viele Fragen unbeantwortet bleiben würden, die für uns eine ganz große Relevanz haben.

Kurzerhand haben wir daher einen Inhouse-Kurs beim ASB gebucht und unsere diversen besonderen Fragen im Vorfeld eingereicht, z.B.: Wie funktioniert Erste Hilfe bei einem Menschen im Rollstuhl? Kann man einen Menschen im Rollstuhl wiederbeleben oder muss man ihn dafür aus dem Rollstuhl herausheben? Was tun, wenn ein epileptischer Anfall nicht unter Kontrolle zu bekommen ist? Wie bekommt man einen Fremdkörper aus dem Mund eines Menschen, der aufgrund seiner geistiger Behinderung diesen nicht auf Aufforderung öffnen und den Gegenstand gezielt ausspucken kann?

Immer wieder ging es auch darum, wie schwierig generell ärztliche Hilfe bei Menschen ist, die über keine Sprache verfügen, also nicht sagen können, wo es ihnen weh tut, geschweige denn, den Schmerz genauer benennen oder lokalisieren zu können.

Geht es unserem Kind mit Behinderung nicht gut, beginnt oft eine detektivisch anmutende Such-Aktion (Absuchen des gesamten Körpers nach Wunden, Verletzungen, blauen Flecken, Fieber messen, Befragung aller Menschen, mit denen das Kind an diesem Tag zusammen war, nach Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten, Untersuchung der Ohren/Zähne/Gelenke, wenn die Suche ergebnislos bleibt, geht es oftmals beim Arzt weiter, der im schlimmsten Fall noch hilfloser ist als wir selbst, da unsere Kinder – siehe oben – eben nicht 08/15 sind).

An diese sorgenvollen Situationen kann man sich nicht gewöhnen, bräuchte man doch genau jetzt den sprachlichen Austausch so sehr. Um die non-verbalen Signale seines nicht sprechenden Gegenübers zu erkennen, müsste man mit allen Sinnen bei ihm sein. In einer Angstsituation ist man aber mehr bei sich und der eigenen Panik/Hektik und muss sich erst mühsam herunter regulieren, um die Signale zu sehen und zu verstehen. Menschen ohne Sprache reagieren ihrerseits stark auf non-verbale Signale. Um sein Kind bei Krankheit oder einem Unfall beruhigen zu können, muss man also selbst möglichst ruhig werden, über Berührungen, Blickkontakt ganz bei ihm sein. Das kostet viel Kraft.

Und es bricht einem einfach immer wieder das Herz, sein Kind leiden zu sehen, ohne dass es einem sagen kann, was es hat. Jede Mutter und jeder Vater kennt diese Situation aus der Zeit, als die Kinder klein waren. Aber bei uns hört es niemals auf.

…und so haben wir uns gegenseitig in die stabile Seitenlage gebracht, uns in Notfalldecken eingewickelt, Puppen beatmet, die Herzmassage geübt – immer und immer wieder. Es tat gut, konkrete Handgriffe zu erlernen, zu verstehen, was man selbst tun kann und wann man sofort den Notarzt rufen muss. Die eigene Selbstwirksamkeit zu erhöhen, sich weniger hilflos und der Situation ausgeliefert zu fühlen, kann sicherlich in einer Notsituation dabei helfen, mehr – dann dringend benötigte – Gelassenheit zu haben.

Wir danken dem tollen Referenten des ASB sowie der Lebenshilfe Frankfurt, auf deren Gut Hausen wir (wieder einmal…) zu Gast sein durften, um diesen für uns so wichtigen Kurs abhalten zu können. Dieser Tag wird uns lange in Erinnerung bleiben – die dort erlernten Handgriffe hoffentlich noch viel länger!